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Ökologische Bedeutung der Fließgewässer


Die Augsburger Fließgewässer haben einen hohen ökologischen Wert. Das gesamte Gewässernetz im Stadtgebiet ist 170 km lang. Prägend sind Lech und Wertach, die bis zu ihrer Begradigung vor etwa 100 Jahren eine äußerst artenreiche Auenlandschaft gestalteten.

 

 

Lech und Wertach – Einst wild, heute zahm

descNoch bis in 19. Jahrhundert waren Lech und Wertach nahezu unverbaute alpine Wildflüsse. Mit ihren gewaltigen Hochwässern und den dabei mittransportieren Geröllmassen schufen sie eine unvorstellbare große Auenlandschaft, die zu den artenreichsten Lebensräumen in Mitteleuropa zählte.

 

Das breite Artenspektrum umfasste viele Tier- und Pflanzenarten, deren Vorkommen heute erloschen oder hochgradig gefährdet ist.

 

In großen Schwärmen zogen Fische, vor allem Nase, Huchen und Barbe, zum Ablaichen flussaufwärts. Auf den Kiesbänken brüteten Scharen von Vögeln, darunter Lachseeschwalbe, Triel und Flussuferläufer. Laubfrosch, Kreuz- und Wechselkröte besiedelten zusammen mit anderen Amphibien die flussbegleitenden Feuchtgebiete.

 

Bei den Pflanzen reichte das Artenspektrum von der Deutschen Tamariske und dem Zwerg-Rohrkolben über eine Vielzahl von Orchideen bis zu den typischen „Lechpflanzen“ wie dem Klebrigen Lein und dem Augsburger Steppengreiskraut. Von der ursprünglich sehr artenreichen Insektenfauna sind heute nur noch kleine Reste vorhanden.

 

descDem ursprünglichen Lechtal kam zudem europaweite Bedeutung als „Biotopbrücke“ zwischen den Alpen und der Alb zu. Für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten ist nachgewiesen, dass sie nach der letzten Eiszeit vor allem das Lechtal als Ausbreitungskorridor nutzten.

 

Durch die Verbauung des Wildflusses und dem damit einhergehenden Verlust von Lebensräumen ist diese wichtige ökologische Funktion heute stark eingeschränkt.

 

Die größten zusammenhängenden Reste auf der deutschen Seite dieser ehemaligen Flusslandschaft befinden sich auf Augsburger Stadtgebiet - im Naturschutzgebiet Stadtwald Augsburg.

 


Quellen und Quellbäche – Ein empfindlicher Lebensraum

descIn Quellen tritt dauerhaft oder nur zeitweise auf natürliche Weise Grundwasser zu Tage. In unseren Flussauen gibt es meistens sogenannte „Tümpelquellen“. Sie entspringen in einer Bodenvertiefung und ergießen sich in ein Gerinne, dem Quellbach.

 

Dieses Quellwasser hat nahezu Trinkwasserqualität. Es ist sehr klar, sauerstoffreich und nährstoffarm. Weil der Boden hauptsächlich aus alpinem Kalkschotter (Kies) besteht, ist der Kalkgehalt des Grundwassers sehr hoch.

 

Gewöhnlich ist die Wassertemperatur einer Quelle im jahreszeitlichen Verlauf relativ konstant. In unserer Region liegt die Wassertemperatur zwischen 6 bis 10 °C. Auffällig ist, dass die Quellen oft selbst bei tiefem Dauerfrost nicht zufrieren.

 

descZu den typischen Arten der Quellbäche gehören beispielsweise die Mühlkoppe, Steinfliegen, Prachtlibellen oder das Bunte Laichkraut.

 

Neben den aquatischen Zonen werden auch die Uferbereiche von besonderen Artengemeinschaften besiedelt. Charakterarten sind die Mehlprimel, das Gemeine Fettkraut (eine fleischfressende Pflanze) oder die Simsenlilie.

 

Die Lebensgemeinschaften von Quellen und Quellbächen reagieren sehr empfindlich auf Störungen. Besonders problematisch sind sinkende Grundwasserstände oder Einträge von Nähr- und Schadstoffen aus der Luft oder aus dem Grundwasser.

 

 

Lechkanäle – Lebensraum aus Menschenhand

descDie Lechkanäle unterscheiden sich in einem wesentlichen Merkmal von den natürlichen Bächen unserer Region: Das Wasser entspringt nicht in Quellgebieten, sondern wird künstlich aus den Flüssen Lech, Wertach und Singold ausgleitet.

 

Der Wasserstand der Lechkanäle ist über Ausleitungsbauwerke steuerbar. Hochwasserereignisse finden daher nicht statt. Die Folge ist, dass sich die Struktur im Gewässerbett im Laufe der Zeit kaum verändert. Außerdem fehlen Überschwemmungsgebiete (Auen).

 

Trotzdem gibt es – vor allem im Naturschutzgebiet Stadtwald Augsburg - recht naturnahe Abschnitte an den Lechkanälen.

 

Für den Naturschutz positiv wirkt sich oft die Anwesenheit des Bibers aus. Mit seinen Dämmen schafft er wertvolle Flachwasserzonen, die schon nach kurzer Zeit von Sumpfpflanzen, z.B. die Schwertlilie, oder Amphibien, wie z.B. Erdkröte oder Grasfrosch, besiedelt werden.

 

 

Warum Bäche trockenfallen

Nach dem verheerenden Hochwasser von 1910 begann man, die mächtige Gewalt des Lechs „einzudämmen“. Deichbauten zwängten das ursprünglich mehrere hundert Meter breite Flussbett auf nur 50 bis 80 Meter ein. Außerdem wurde der Flusslauf begradigt.

 

Das Wasser floss nun in einem schmalen Gerinne deutlich schneller, was zur Folge hatte, dass sich der Lech in den Untergrund grub. Die Situation verschärfte sich mit dem Bau der Staustufen, denn sie unterbrachen die Kiesfracht aus den Bergen. Der Lech räumte so mit jedem Hochwasser sein Flussbett weiter aus. Da von oben kein Kies nachkommen konnte, hat er sich bis heute um bis zu sieben Meter in den Untergrund eingetieft.

 

Die Auswirkungen dieses bis heute andauernden Prozesses sind dramatisch. Besonders problematisch ist die Absenkung des Grundwasserspiegels. Sie führt dazu, dass Quellen und Bäche in flussnahen Bereichen austrocknen und somit wertvolle Lebensräume seltener Tier- und Pflanzenarten verloren gehen (vgl. Abbildung unten).

 

Die schrumpfende Siebenbrunner Quellflur oder das trockengefallene Ziegelmoorbächlein sind Beispiele für die Folgen des gesunkenen Grundwasserspiegels. Der ehemals trockengefallene Branntweinbach wird inzwischen in einem kleinen Abschnitt wieder künstlich mit Wasser versorgt.

 

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(Fotos v.o.n.u.: LPVA, LPVA, LPVA, H.E. Weißenbach, Eberhard Pfeuffer, LPVA)