Historische Nutzung der Fließgewässer
Unsere Bäche, Kanäle und Flüsse boten zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten. Viele davon waren die Voraussetzung für die historische Entwicklung Augsburgs.
Trinken, Kochen, Waschen
Die Voraussetzung für die Entstehung einer menschlichen Siedlung ist das Vorhandensein von Wasser. Davon bot die Landspitze zwischen den beiden großen Flüssen Lech und Wertach mehr als ausreichend.
Von besonderer Bedeutung waren die zahlreichen glasklaren Quellbäche der Lech- und Wertachauen. Sie konnten selbst die Grundbedürfnisse einer stetig steigenden Bevölkerungszahl zu Genüge befriedigen.
Im Laufe ihrer Geschichte erwiesen sich die Augsburger als äußerst Erfindungsreich, wenn es darum ging, Trinkwasser zu fördern und in der Stadt zu verteilen.
Die dabei entstandenen kulturhistorischen Denkmäler sind heute wesentlicher Bestandteile des Augsburger Kulturerbes und auch Teil der Interessenbekundung der Stadt Augsburg um die Bewerbung als UNESCO-Welterbe. Dazu gehören beispielsweise auch die Wassertürme am Roten Tor oder das Wasserwerk am Hochablass.
Schutz vor Feinden
Dort wo Siedlungen entstanden und der Handel florierte, ließen Feinde nicht auf sich warten. Hohe Stadtmauern, umgeben von einem breiten Wassergraben, boten über Jahrhunderte den besten Schutz vor Angreifern.
Um in Augsburg an das dafür nötige Wasser zu kommen, zapfte man den Lech und die Wertach an. In alten Flussarmen und künstlich angelegten Rinnen wurde das Wasser in die Stadtgräben geleitet.
Alte historische Pläne und Ansichten belegen, dass diese Art der Wehreinrichtung in Augsburg bereits in früher Zeit bestand.
Transport und Entsorgung
Um das florierende Gewerbe am Laufen zu halten, mussten unablässig Güter transportiert werden. Vor allem der Lech bot hier als Wasserstraße hervorragende Möglichkeiten. Waren aus allen Teilen der Welt wurden von Italien über die Alpen gebracht und in Reutte, Füssen oder Lechbruck auf Flöße verladen.
Ein wichtiger Verladeort in Augsburg war der Floßhafen am Hochablass. Von hieraus fuhren Flöße in 10-14 Tagen bis nach Wien und teilweise sogar bis nach Budapest. Die Flöße nutzen aber auch die zahlreichen Lechkanäle, um ihre Ladungen nach Augsburg hinein zu bringen. Bachbezeichnungen wie der Alte Floßgraben erinnern an diese alte Nutzung.
Die Bedeutung der Flößerei wird an verschiedenen Zahlen deutlich: So legten um das Jahr 1600 mehr als 4000 Flöße in Augsburg an und noch im Jahr 1843 passierten 4772 Flöße den Hochablass.
Wo gelebt und produziert wird, entstehen aber auch Abfälle. Ihre Entsorgung erfolgte ebenfalls über die Lechkanäle. Schlachtabfälle, Fäkalien und Essensreste wurden einfach in die Kanäle geschüttet und auf diese Weise „bequem“ entsorgt.
Ein besonders makaberes Detail der Augsburger Stadtgeschichte: Augsburger Selbstmörder wurde in Fässer gesteckt und in den Lech geworfen. Die Anrainer im Unterlauf freuten sich sicher nicht besonders über diese Anschwemmsel aus Augsburg...
Kraftquellen der Reichsstadt
Schon früh nutzte man in Augsburg durch den Betrieb von Mühlen die Antriebskraft des fließenden Wassers von Lech und Wertach. Künstliche Kanäle brachten das Wasser dorthin, wo man es benötigte.
Mitte des 18. Jahrhunderts war Augsburg eine der größten Mühlenkolonien des süddeutschen Raums. Im Jahr 1761 zählte der weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Stadtbrunnenmeister und Mühlentechniker Casper Walter 78 Mühlen mit 93 Werken und insgesamt 163 Wasserrädern. Außer Getreidemühlen gab es beispielsweise Säge-, Schleif-, Polier-, Öl- und Pulvermühlen.
Neben Mühlen mit Drehbewegung wurden auch solche mit schlagender Bewegung erbaut. In diesen Poch- oder Hammermühlen wurde zertrümmert (z.B. Quarz), zerhackt (z.B. Flachs) oder geschmiedet (z.B. Silber).
Für die Trinkwasserversorgung bedeutsam waren die über Wasserkraft betriebenen „Wasserhebeanlagen“ wie z.B. am Roten Tor. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Wasserradwerke nach und nach durch Turbinen ersetzt. Auch hier war Augsburg ein Vorreiter, wo schon 1840 Turbinen zum Einsatz kamen.
Einen wahren Boom erlebte Augsburg zur Zeit der Industrialisierung. Zahlreiche Industriebetriebe siedelten sich in der Peripherie der Stadt ein.
Vor allem das Textilgewerbe erkannte die Standortvorteile, die der Wasserreichtum Augsburgs bot.
Bekannt sind die Augsburger Kammgarnspinnerei (AKS, heutiges Textilmuseum) und die Mechanische Baumwollspinnerei und Weberei Augsburg (SWA).
(Abb.: Stadt Augsburg/Regio Augsburg Tourismus GmbH)